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Ein Schriftsteller im «Exil»

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Von Beginn weg will Matthias Zschokke sich und allen seinen Bekannten zu Hause in Berlin beweisen, dass Venedig ohne Reiseführer besser zu erforschen ist. Nichts will er sehen, was man in Venedig «gesehen haben muss», und so macht er sich völlig selbständig auf seine täglichen Entdeckungen, nimmt sich viel Zeit und schweift durch enge kleine Gassen an den Touristenströmen vorbei. Ihn dabei zu begleiten, macht ungemein Spass, denn alles, was er erlebt, schreibt er in kurzen, faszinierenden Sequenzen auf. Nicht etwa als Tagebuch, sondern in Mails an seinen grossen Bekannten- und Verwandtenkreis. Er entpuppt sich als der geborene Beobachter, der mit seinen farbigen Aufzeichnungen, den oft skurrilen Gedankengängen und amüsanten Sprachspielereien fesselt.

Hitze und Mücken

Die palastähnliche Wohnung ist ein Traum, nur durch eine enge Gasse vom Touristentrubel entfernt mit Blick auf drei Kanäle. Die tropische Hitze in den Sommermonaten hält er mit stoischer Ruhe aus. Nur die Mückenplage kann ihm die Nachtruhe vermiesen. Ohne diese Biester wäre Venedig das Paradies. Die «Zanzarotti» kommen ihm in den Sinn. Blasse Knaben, die–so hatte er es gelesen–bei Abendveranstaltungen in den Palazzi vorne in Livree gekleidet und hinten nackt in den geöffneten Fenstern stehen müssen, um mit ihrem süssen Blut die Mücken (it. Zanzare) abzufangen.

Wenn er an heissen Tagen morgens früh zum Lido fährt, ist die Welt für ihn nach durchschwitzter Nacht wieder in Ordnung. Das Wasser sei sehr sauber, hat man ihm versichert. Er will es glauben, denn dieses erfrischende Schwimmritual möchte er sich nicht entgehen lassen.

Staunend ob all der dargebotenen Pracht flaniert Zschokke durch die Stadt und macht dabei Entdeckungen, wie sie in keinem Reiseführer stehen. In jeder noch so kleinen Kirche findet er mindestens einen Tintoretto. Viele Palazzi überraschen mit Innenhöfen, oft geschmückt mit prächtigen Gärten oder Räumen, die mit Kulturgütern vollgestopft sind. Und überall stösst er auf Sehenswürdigkeiten, an denen die meisten Touristen achtlos vorbeigehen.

Ungerührt bestellt Zschokke auch nach Monaten sein Bier mit «Herr Ober, ein Bier bitte», denn er kann weder Italienisch noch Englisch, und diese Bestellung versteht hier jeder. Er mischt sich aber gerne unter Einheimische und begegnet so um Mitternacht Tango tanzenden Venezianern auf einem verwinkelten Platz, wäre gern Dauergast auf der Vaporetto-Linie Nr. 2 und ist sich sicher, sein Verlangen, immer unterwegs zu sein, hat nichts mit ADHS zu tun. Nein, das Venedig-Syndrom hat ihn im Griff!

Beim Lesen geht es einem genau so. Man möchte nichts verpassen von den vielen Fragmenten des Venedig-Kaleidoskops und wäre liebend gern weiterhin mit dem Autor in Mailkontakt. Venedig einmal wohltuend anders!

Matthias Zschokke: «Die strengen Frauen von Rosa Salva». Göttingen, 2014 Wallstein Verlag.Giovanna Rioloist ehemalige Leiterin der Deutschen Bibliothek Freiburg.

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