Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Eltern stehen vor Gericht, weil sie ihr Kind wegen Corona 30 Tage lang nicht in die Schule geschickt haben

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Ein Vater und eine Mutter sind gebüsst worden, weil sie ihr Kind Corona-bedingt eine Zeit lang nicht in die Schule geschickt haben. Ihre Einsprache gegen das Urteil ist nun am Bezirksgericht Sense verhandelt worden.

1513 Franken Busse, Gebühren und Auslagen für die Mutter und ebenso viel für den Vater. Die Rechnung über diesen Betrag hat ein Sensler Ehepaar bisher nicht bezahlt. Denn die Verurteilung durch das Oberamt Tafers wegen Verletzung von Schulpflichten mochten die beiden nicht einfach diskussionslos hinnehmen. Sie haben deshalb den Strafbefehl an die nächste Instanz weitergezogen und der Fall ist am Donnerstag vor dem Polizeigericht Tafers unter der Leitung von Gerichtspräsidentin Pascale Vaucher Mauron verhandelt worden. Das Urteil steht noch aus.

Mutter war schwanger

Was war geschehen? Das Kind der beiden hat letztes Jahr mehrfach unentschuldigt die Schule nicht besucht. Erstmals im November 2020, dann wieder im Januar 2021. Die Eltern begründeten ihren Entscheid mit der zu diesem Zeitpunkt hohen Covid-19-Ansteckungsrate und der Schwangerschaft der Mutter des Kindes und den Empfehlungen der schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. «Es war damals und ist auch heute noch nicht klar, welche Folgen Corona für Schwangere und die ungeborenen Kinder haben kann», erklärte der Vater an der Verhandlung. «Wir wussten einfach nicht, was alles passieren kann und wollten deshalb vorsichtig sein.»

Dies vor allem auch, weil es sich bei der Frau aufgrund ihres Alters von 41 Jahren um eine Risikoschwangerschaft gehandelt habe. «Uns war bewusst, dass wir gegen das Gesetz verstossen, doch das nahmen wir in Kauf.» Der Mann machte auch klar: 

Wir sind keine Verschwörungstheoretiker und auch keine Corona-Skeptiker.

Sozial isoliert

Er habe sich einfach auf Fakten gestützt, so der Vater weiter. Zudem habe die Familie zwei Todesfälle durch oder mit Corona durchgemacht und sei dadurch noch vorsichtiger geworden. Auf die Frage des Gerichts, welche Massnahmen die Familie sonst noch getroffen habe, schilderte er, dass er als Selbstständiger zu Hause geblieben sei und seine Aufträge delegiert habe. «Wir haben uns sozial isoliert. Der Kontakt unserer Tochter in der Schule war ein weiterer Risikofaktor, den wir ausschalten wollten. Sonst wären die restlichen Schutzmassnahmen sinnlos gewesen.»

Die Frau ergänzte, dass das Paar den Entscheid mit ihrer Tochter zusammen gefällt habe. «Wir haben es ihr erklärt und es war für sie sicher nicht einfach. Sie hat es verstanden und war gut drauf.» Sie glaube aber nicht, dass das Kind ein Trauma erlitten habe. Als sie wieder zur Schule gehen konnte, sei sie wie zuvor fröhlich und aufgestellt gewesen.

Reger Austausch

Als das Kind im Mai nicht zur Schule ging, hat die Schulleitung mit den Eltern Gespräche geführt und sie auf die gesetzlichen Grundlagen aufmerksam gemacht. «Ich hatte einen regen Austausch mit den Eltern über Schutzmassnahmen. Aber es war klar, dass wir nicht die gleiche Position vertreten», sagte die Schulleiterin, die am Donnerstag als Zeugin vor Gericht aussagte. Sie habe den Entscheid des Paares zwar respektiert und auch verstanden, habe aber auf die Schulpflicht hinweisen müssen.

Alle Prüfungen nachgeholt

In ihren Aussagen bescheinigte sie den Eltern, dass diese viel getan haben, damit ihre Tochter trotz Absenz möglichst wenig verpasst. «Sie haben überdurchschnittlich gut mit der Klassenlehrerin zusammengearbeitet», sagte sie. So hätten die Eltern beispielsweise mit ihrer Tochter den Schulstoff zu Hause durchgearbeitet. «Das Kind hat nach der Schule, wenn alle weg waren, sämtliche Prüfungen nachgeholt.» Sie sagte auch: 

Das Zeugnis beweist, dass das Kind absolut keine Lücken im Schulstoff hat.

Aus der Sicht der Schule sei es immer schwierig, wenn ein Kind nicht in die Schule komme, sagte die Schulleiterin weiter. Man dürfe auch den sozialen Aspekt nicht vergessen. «Dem Paar war absolut bewusst, dass das Kind zugunsten der Gesundheit der Familie auf etwas verzichtet. In dem Sinn hat die Familie das Beste aus der Situation gemacht.»

Zuerst keine Anzeige …

In dieser für alle ungewöhnlichen Situation haben die Schulbehörden aber davon abgesehen, die Eltern beim Oberamt zu melden, wie dies im Schulgesetz eigentlich vorgesehen ist. Die Erziehungsdirektion hat sich auch anderen Eltern gegenüber in einer ersten Phase kulant gezeigt (siehe Kasten).

… dann zwei Verzeigungen

Die Eltern haben ihr Kind in der Folge auch im neuen Schuljahr im letzten Herbst einen Monat lang aus der Schule genommen. Die Schule hat deshalb eine Anzeige beim Oberamt eingereicht. Als die Eltern das Kind auch im Frühling 2021 aus der Schule nahmen, sind die Eltern ein zweites Mal verzeigt worden wegen «Nicht-in-die-Schule-Schicken eines schulpflichtigen Kindes», wie der Passus im Schulgesetz heisst. Auch dieses Mal begründeten die Eltern ihren Entscheid mit der Schwangerschaft und einer Häufung von Covid-19-Fällen der britischen Variante an der Schule.

Insgesamt fehlte das Kind an 30 Tagen in der Schule.

«Entschuldbarer Notstand»

Alicia Loosli, die Anwältin des Paares, beantragte Freispruch. Sie wies in ihrem Plädoyer einerseits auf die Risikoschwangerschaft der Mutter hin. Andererseits aber auch, dass Experten in der Anfangsphase das Ansteckungsrisiko von Covid-19 bei Kindern tiefer eingeschätzt hätten als bei Erwachsenen. Mittlerweile gebe es Studien, die dies widerlegten.

Sie berief sich in ihrer Argumentation auf zwei Artikel im Strafgesetzbuch. So besagt Artikel 17: «Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um ein eigenes oder das Rechtsgut einer anderen Person aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu retten, handelt rechtmässig, wenn er dadurch höherwertige Interessen wahrt.» Und in Artikel 18 geht es um den sogenannten entschuldbaren Notstand: «Wer eine mit Strafe bedrohte Tat begeht, um sich oder eine andere Per­son aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leib, Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen oder andere hochwertige Güter zu retten, wird milder bestraft, wenn ihm zuzumuten war, das gefährdete Gut preiszugeben.»

«Das Paar wollte sich schützen und hat als einzige Möglichkeit gesehen, die Tochter aus der Schule zu nehmen», sagte Alicia Loosli in ihrem Plädoyer:

Die beiden haben die Wahrung der Schulpflicht gegen die Sicherheit von Mutter und ungeborenem Kind abgewogen.

Busse unangemessen hoch

Falls das Gericht das Paar trotzdem verurteile, dann müsse es die vom Oberamt ausgesprochene Busse von 3000 Franken korrigieren, so die Anwältin. Denn diese sei unangemessen hoch. «Die Höhe der Busse sollte die besonderen Umstände und die ehrenhaften Beweggründe berücksichtigen.» Sie wies noch einmal darauf hin, dass die Eltern viel taten, damit bei ihrem Kind keine schulischen Lücken entstanden und dass dies auch gelungen sei. «Wegen Corona herrschte ohnehin ein Ausnahmezustand.» Es sei nicht angemessen, eine menschliche Entscheidung so überdurchschnittlich harsch und streng zu bestrafen.

Sie wies dabei auch auf die finanzielle Situation der Familie hin. Wegen der Pandemie ist das Geschäft des Vaters in Schwierigkeiten geraten, weil die Werbebranche stillstand. Weil die Aufträge ausfielen, musste er alle Angestellten entlassen.

Das Urteil des Polizeigerichts Sense wird in den nächsten Tagen erwartet.

Schulgesetz

Pro Jahr sprechen die Oberämter normalerweise 60 Urteile aus

Artikel 32 des Schulgesetzes besagt, dass die Eltern die Verantwortung dafür tragen, dass ihr Kind die Schule besucht. «Wer absichtlich oder fahrlässig ein schulpflichtiges Kind nicht in eine öffentliche oder private Schule schickt oder ihm keinen genehmigten Unterricht zu Hause erteilt, wird vom Oberamt mit einer Busse von 100 bis 5000 Franken bestraft», heisst es im zweiten Abschnitt.

60 pro Jahr …

Die Schulleitungen melden die Verfehlungen ans Oberamt, welches die Eltern via Strafbefehl verurteilten. Das Oberamt meldet solche Urteile dann weiter an die Erziehungsdirektion. Die Direktion erhalte pro Jahr etwa 60 Mitteilungen über solche Strafbefehle, schreibt Lucie Lovis, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Direktion für Erziehung, Kultur und Sport auf Anfrage. Die Direktion führe aber keine Statistiken über die Begründungen der Eltern, warum diese ihre Kinder nicht in die Schule schicken.

…  aber nicht mit Covid

Als 2020 die Covid-19-Pandemie herrschte, habe die Erziehungsdirektion in einer ersten Phase vom 11. Mai bis 3. Juli 2020 eine gewisse Toleranz gezeigt. «Die Schulen machten keine Meldung beim Oberamt, wenn die Eltern über die Gesundheitslage besorgt waren», erklärt Lucie Lovis. Man habe versucht, Lösungen zu finden, um die Ausbildung der Schüler in dieser Situation und in dieser besonderen Zeit zu gewährleisten. «Sobald die Schutzpläne und Hygienemassnahmen in den Schulen in Kraft waren, mussten die Eltern ihre Kinder wieder zur Schule schicken», sagt die Mitarbeiterin in der Erziehungsdirektion weiter. So habe es für das Jahr 2020 lediglich acht Strafbefehle gegeben. im

Kommentar (1)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema