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Freundschaft, Freiheit und Sprachquerelen

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Im deutschen Sprachraum schläft Übernachtungsbesuch im «Gästezimmer», im französischen im «chambre d’amis». Wenn die deutschen Gastgeber in Köln leben und der Französisch sprechende Besuch aus der Westschweiz kommt, kann dieser kleine, aber feine Unterschied schon einmal zum Gesprächsthema werden. Das und noch viel mehr, wie derzeit das Stück «Chambre d’Amis» im Théâtre des Osses in Givisiez zeigt.

Die zweisprachige Produktion ist ein Projekt der Lausanner Compagnie Selma 95 und der Kölner Truppe Futur 3. Im vergangenen November feierte sie in Köln die Uraufführung; jetzt ist sie erstmals in der Schweiz zu sehen. Die Premiere im Théâtre des Osses kam am Dienstagabend beim sprachlich durchmischten Publikum gut an. In 90 Minuten bewiesen die vier Schauspielerinnen und Schauspieler–zwei aus Deutschland, zwei aus der Westschweiz–, dass zweisprachiges Theater durchaus funktionieren kann.

Jeder erkennt sich wieder

Ein Teil des Erfolgs liegt in der Handlung selbst begründet, in der sich die meisten Zuschauerinnen und Zuschauer selbst erkennen dürften: Wer hat sich nicht auch schon ausgeschlossen gefühlt, weil er einer Diskussion in einer fremden Sprache nicht folgen konnte? Wer weiss nicht, wie es sich anfühlt, wenn sprachliche Missverständnisse zu angespannten Gesprächssituationen führen?

Doch im Stück des Lausanner Autors Antoine Jaccoud geht es um mehr als sprachliche und kulturelle Differenzen. «Chambre d’Amis» ist vor allem eine Auseinandersetzung mit dem Wesen der Freundschaft: witzig und unterhaltsam, aber auch ernsthaft und spannungsgeladen. Der Deutsche Thomas (Stefan H. Kraft) und die Westschweizerin Anne-Lise (Françoise Boillat) sind alte Freunde, die sich nach langer Zeit bei Thomas in Köln wiedersehen. Thomas’ Lebenspartnerin Petra (Rebecca Madita Hundt) und Anne-Lises Partner Jean-Pierre (Vincent Fontannaz) beobachten das Wiedersehen mit einer Mischung aus Verständnis und Misstrauen.

«Ohne jede Zweideutigkeit»

Was etwa hat es zu bedeuten, dass Thomas immer wieder von jenem Sommer am See erzählt, als er und Anne-Lise gemeinsam badeten, nackt, aber in aller Freundschaft, «ein Bruder, eine Schwester, ohne jede Zweideutigkeit»? Und warum eskaliert die Situation, als Jean-Pierre beschliesst, den Kölner Dom im Alleingang zu besichtigen, wo die Gastgeber doch geplant hatten, dies gemeinsam zu tun? Natürlich sei ein Freund immer frei in seinen Handlungen, räumt Thomas ein, aber so frei? «Du hast das Individuum über das Kollektiv gestellt», wirft er Jean-Pierre vor und kommt zum Schluss, dass man eben auch Freunden misstrauen müsse.

Ob Thomas und Jean-Pierre tatsächlich noch echte Freunde werden, bleibt zweifelhaft. Auch die Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich am Ende Hand in Hand mit den Schauspielern auf der Bühne wiederfinden, sind wohl nicht alle plötzlich Freunde fürs Leben. Auch wenn sie gemeinsam «die Freude empfinden, zusammen zu sein». «Ohne jede Zweideutigkeit»–so nimmt Jean-Pierre genüsslich Thomas’ Mantra auf. «Oder fast», wie Petra lakonisch anfügt.

Weitere Spieldatenim Théâtre des Osses in Givisiez: 12., 13., 14., 15., 24., 25., 26., 27. und 28. Februar sowie 1. März. Di., Mi. und Do. 19 Uhr, Fr. und Sa. 20 Uhr, So. 17 Uhr. www.theatreosses.ch. Vom 16. bis zum 26. April ist das Stück zudem im Arsenic in Lausanne zu sehen.

Interview: Theater in der Nische

D ie deutschen Schauspieler R ebecca M. Hundt und Stefan H. Kraft sprachen mit den FN über die Herausforderungen eines zweisprachigen Theaters.

Wie ist es zu dem ungewöhnlichen zweisprachigen Theaterprojekt gekommen?

Stefan H. Kraft: Ich kannte Françoise Boillat von einem früheren Projekt, und mit dem Autor Antoine Jaccoud war ich in Kontakt, seit mein Kölner Ensemble einmal ein Stück von ihm gespielt hat. So kam es zu der Zusammenarbeit. Ich hatte Lust auf ein zweisprachiges Projekt, weil ich auch früher schon zweisprachiges Theater gemacht hatte.

Kann Theater, das so stark von der Sprache lebt, in zwei Sprachen überhaupt funktionieren?

Kraft: Es kann, aber es muss sich eine Nische suchen. Es ist schade, dass es nicht mehr davon gibt, gerade in einer Zeit, in der alle von Integration sprechen. Ich könnte mir zum Beispiel auch ein deutsch-türkisches Theater vorstellen. Mehrsprachigkeit ist eine Realität; warum soll das nicht auch auf der Bühne gehen?

Ein solches Experiment ist nicht nur für die Zuschauer, sondern auch für die Schauspieler eine Herausforderung.

Rebecca M. Hundt: Auf jeden Fall! Es ist spannend und macht Spass, aber es ist auch anstrengend. Ich habe sofort zugesagt, als Stefan mich für das Projekt anfragte, auch wenn ich im Gegensatz zu ihm nicht gut Französisch spreche. Ich dachte, das sei kein Problem, weil meine Rolle das auch nicht kann. Doch bei der Probenarbeit merkte ich, dass ich mich ja auch mit meinen Kollegen verständigen muss. Anfangs musste Stefan viel übersetzen, doch mit der Zeit wurde es besser.

In dem Stück geht es nicht nur um Sprachprobleme, sondern auch um die Freundschaft. Warum diese Themenwahl?

Kraft: Durch die sozialen Medien hat die Freundschaft in den letzten Jahren eine Umdeutung erfahren. Darum haben wir uns auf die Suche nach dem Archetypen der Freundschaft gemacht und die romantischen Ideale, die mit dem Begriff verbunden sind, hinterfragt. cs

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