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«Herkunft» gibt es in ihrem Wortschatz nicht

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I. S (Name der Redaktion bekannt) gehört zur zweiten Generation Ex-Jugoslawen, die in der Schweiz leben. Ihr Grossvater kam in den 1980er-Jahren als Gastarbeiter in das vielversprechende Land, kurz darauf folgte ihre Mutter. Beide erhofften sich eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation. Während des Krieges in den 1990er-Jahren (siehe auch Kasten) flüchtete ihr Vater in die Schweiz. Heutzutage sei es schwieriger auszuwandern, sagt sie. Die Hoffnung auf neue Perspektiven ist der Antrieb dieser Menschen.

I. S. ist Schweizerin. Sie fühlt sich akzeptiert und hat das Gefühl, sich in der Schweiz vollkommen entfalten zu können. Dennoch: Ihre Herkunft kann und möchte sie nicht verheimlichen. Sobald sie ihren Namen nennt, wird klar, dass sie ihre Wurzeln in Ex-Jugoslawien hat. Schnell spricht man sie auf ihre Herkunft an.

Traditionen weitertragen

Doch was bedeutet überhaupt Herkunft? Die junge Frau kommt aus der Schweiz und ebenso aus Jugoslawien, einem Land, das es heute gar nicht mehr gibt. Sie ist Serbin, aber aus Bosnien-Herzegowina. Eine Grenze, die nach der Auflösung Jugoslawiens gezogen wurde und die Völker trennt. Der einstige Vielvölkerstaat beherbergt unterschiedlichste Ethnien und Religionen, die diversen Kulturen leben – getrennt voneinander und doch nebeneinander. Haben da Landesgrenzen überhaupt noch einen Sinn?

Patriotismus für das Herkunftsland ist bei den Migrantinnen und Migranten in der Schweiz vorhanden. Für viele ist es wichtig, Traditionen weiterzutragen. Folkloreklubs und Vereine seien wichtig, um sich mit den Landsleuten in der Schweiz heimatlich zu verbinden, sagt sie. Es gibt Menschen, die das intensiv leben, andere weniger.

Ganz klar ist für I.S., dass die Herkunft ihrer Eltern ihre Erziehung stark beeinflusst hat. Die Familie feiert Weihnachten am 7. Januar, die Kinder lernten in der serbischen Schule Sprache und Geschichte ihres Landes kennen. Es sei ihnen wichtig gewesen, trotz der neuen Schweizer Identität auch ihre Identität als Serben beizubehalten. Und obwohl die Eltern gegenüber dem ehemaligen kommunistischen Jugoslawien sehr kritisch eingestellt sind, erzogen sie ihre Kinder nach dem Grundsatz von Fleiss und Arbeit, bemerkt I. schmunzelnd.

Damals hätten Jugoslawen hauptsächlich vom Kommunismus profitieren können, wenn sie in der Stadt gelebt hätten. Ihre Eltern seien in Bauernfamilien geboren, dort sei man gegenüber Tito kritischer gewesen. Auch heute noch trauerten ältere Generationen Jugoslawien nach. Und auch I. S. hat als Kind viele Geschichten über das ehemalige Jugoslawien erzählt bekommen, und es erschien ihr ein selbstverständlicher Teil ihrer Familie zu sein. Heute könne sie das damalige Leben der Eltern besser reflektieren.

«Meine bosnischen Wurzeln sind eine Bereicherung, ich freue mich, wenn ich nach Bosnien zurückkehren kann», gesteht sie sich zu. Doch habe sie unterdessen erkannt, dass der Begriff Herkunft ein Konstrukt sei – in ihrem eigenen Wortschatz existiere er nicht. Es sei schwierig für sie zu definieren, woher sie komme. Die kulturellen Differenzen machten es schwer, sich mit einem solch grossen Land wie Jugoslawien zu identifizieren.

Starker Nationalismus

Die religiösen und ethnischen Unterschiede und die daraus resultierenden Konflikte spürt sie auch noch in der zweiten Generation in der Schweiz. Vor allem heute, mit dem Kosovo-Konflikt, wird die serbische Identität nicht selten als problematisch empfunden. «Es ist erstaunlich, wie stark auch in der zweiten Generation der Nationalismus noch ist», bemerkt I.S. Aber sie sieht die Zukunft der Auswanderer und ihrer Kinder, die in der Schweiz geboren sind, positiv: «Das Bestreben unserer Generation ist es, die Konflikte beizulegen und von neuem anzufangen.»

«Meine bosnischen Wurzeln sind eine Bereicherung, ich freue mich, wenn ich nach Bosnien zurückkehren kann.»

Ehemaliges Jugoslawien

Auswandern aus dem Vielvölkerstaat in die Schweiz

Bis zum Tod von Josip Broz Tito, dem diktatorischen Staatschef, im Jahr 1980 existierte der Vielvölkerstaat Jugoslawien als konstruierte Einheit. Der sozialistische Staat galt während des Kalten Kriegs als Übergang zwischen dem kapitalistischen Westen und dem kommunistischen Osten. Nach dem Tod des nicht selten vergötterten Tito forderten mehrere Regionen ihre Unabhängigkeit. Das führte in den 1990er-Jahren zu einem blutigen Bürgerkrieg. Schon zuvor hatten viele Gebildete das Land verlassen, um neue Perspektiven zu finden; sie emigrierten unter anderem in die Schweiz.

Grund war nicht nur die wachsende Feindschaft zwischen den verschiedenen Völkern, sondern auch die Wirtschaftskrise. Vor allem Österreich als ehemaliger Teil von Österreich-Ungarn wurde geografisch und kulturell von Jugoslawien als zugänglich empfunden.

Die Schweiz bot damals viele Arbeitsplätze im Tourismus, vor allem in den Bergregionen. Mit den Gastarbeitern verschlechterte sich das Bild der Jugoslawen in der Schweiz. Viele hatten mit «Jugo-Hass» zu kämpfen. Mit dem Krieg in den 1990er-Jahren kamen unzählige Flüchtlinge in den Westen, um ein Leben in Sicherheit führen zu können.

Heutzutage ist das Auswandern in die Schweiz wieder schwieriger. Dennoch versuchen viele junge Menschen, ihr Land mit einem Stipendium oder als Austauschstudenten zu verlassen.

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