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Jugendparlamente: «Man soll sich von solchen Massnahmen nicht zu viel erhoffen»

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Jugendparlamente führen wahrscheinlich nicht zu einer höheren Stimm- und Wahlbeteiligung junger Leute, sagen ein Politologe und ein Volkswirtschaftler der Uni Freiburg. 

Während in anderen Kantonen Jugendparlamente längst Normalität sind, fand in Freiburg erst 2022 erstmals eine kantonale Jugendsession statt (die FN berichteten). Nun scheint auch hier Bewegung in die Politik zu kommen: Anfang Februar erntete eine parlamentarische Motion, die die regelmässige Durchführung kantonaler Jugendsessionen fordert, Zuspruch durch den Staatsrat (die FN berichteten). Gibt das Parlament der Motion grünes Licht, steht dem Vorhaben theoretisch nichts mehr im Wege. 

Jugendsessionen gibt es sowohl auf kantonaler als auch auf nationaler Ebene: Aufnahme von der Jugendsession im Bundeshaus am Samstag, 11. November 2023, in Bern. 
Bild: Keystone 

Doch was bringen solche Jugendsessionen überhaupt? Und welche Bedeutung hat die politische Partizipation von Jugendlichen für das Funktionieren einer Demokratie? Das wollten die FN vom emeritierten Professor für Europastudien und Politologen der Universität Freiburg, Gilbert Casasus, sowie von Mark Schelker, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Uni Freiburg, wissen. 

Jugendliche in Politik miteinbeziehen

Auf die Frage hin, welche Effekte von regelmässig stattfindenden Jugendsessionen zu erwarten sind, verweist der Volkswirtschaftler Mark Schelker auf die spärliche Datenlage zu diesem Thema. Deshalb seien Aussagen über die Auswirkungen von Jugendparlamenten «eher Einschätzungen als Evidenz».

Mark Schelker.
Bild: Universität Freiburg

Dennoch begrüssen beide Wissenschaftler die Forderung, regelmässige kantonale Jugendsessionen durchzuführen: «Jede Massnahme, um die Jugend in einen politischen und demokratischen Prozess einzugliedern, ist per se begrüssenswert», schreibt der Politologe Gilbert Casasus auf Anfrage der FN. Dem pflichtet Schelker bei. Er antwortet den FN: «Ich begrüsse jede Art der fundierten politischen Diskussion.» Im besten Fall könnten kontroverse Debatten im Jugendparlament zu Diskussionen in der Bevölkerung und im ordentlichen Parlament führen, hält Letzterer fest. Jugendliche und junge Erwachsene, die an den Sessionen teilnehmen, könnten von dieser Erfahrung profitieren. Schelker geht davon aus, dass die Teilnahme an einer Jugendsession die Motivation zur späteren aktiven, politischen und demokratischen Partizipation stark erhöhe. «Schon dies ist ein tolles Argument für eine Jugendsession», schreibt der Volkswirtschaftler.

Jugendparlamente sind kein «Zaubertrank»

Man dürfe die Erwartungen an ein Jugendparlament allerdings nicht zu hoch schrauben, sind sich die Wissenschaftler einig. So schreibt Casasus: 

Man soll sich von solchen Massnahmen nicht zu viel erhoffen. Sie tragen zwar zur demokratischen Willensbildung der Jugend bei, sind dennoch nicht als Zaubertrank zugunsten eines politischen Engagements für die heutige Jugend zu bewerten. 

Gilbert Casasus
Politologe
Gilbert Casasus.
Bild: Universität Freiburg

Schelker gibt weiter zu bedenken, dass Jugendparlamente nicht den Willen der Jugend als Gesamtheit abbilden würden. Denn die Teilnehmenden im Jugendparlament würden schliesslich nicht in einem ordentlichen Wahlverfahren zu Vertreterinnen und Vertretern der jugendlichen Bevölkerung gewählt. Der Wirtschaftswissenschaftler schreibt:

Ohne ordentliches Wahlverfahren bleibt unklar, wie die Selektion der Jugendparlamentarier die jugendliche Bevölkerung, die auch an den Wahlen teilnehmen würde, abdeckt.

Mark Schelker
Volkswirtschaftler

Aus diesem Grund wäre es laut Schelker problematisch, «aus den Mehrheitsabstimmungen in einem Jugendparlament auf die Präferenzen der Jugend in der Bevölkerung zu schliessen und daraus direkte Forderungen für den ordentlichen politischen Prozess abzuleiten».

Junge beteiligen sich selektiv

Aus der Sicht der Wissenschaftler ist auch zweifelhaft, ob die Durchführung von Jugendparlamenten zu einer Erhöhung der Stimm- und Wahlbeteiligung bei jungen Menschen führt. Der Politologe Casasus geht davon aus, dass Jugendparlamente «kaum einen Beitrag zur erhöhten Stimm- und Wahlbeteiligung der Jugend leisten» würden. 

Dem stimmt auch Schelker zu. Er warnt aber auch davor, junge Menschen als unpolitisch abzustempeln. Erstens gebe es keine wissenschaftlichen Daten, die dies bestätigten. Zweitens würden Studienergebnisse nahelegen, dass das politische Interesse unter Jugendlichen nicht an sich tief sei. «Es ist eher so, dass sie sich stärker selektiv beteiligen», erklärt er. Das bedeute, dass viele junge Menschen nur bei bestimmten Themen an Wahlen und Abstimmungen teilnehmen würden. 

Besorgniserregende Entwicklung 

Für den Politologen Gilbert Casasus unterscheiden sich die jungen Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von älteren Generationen jedoch noch in einem anderen Punkt: 

Die heutige Jugend ist wesentlich konservativer als die vorhergehenden Generationen.

Gilbert Casasus
Politologe

«Äusserst besorgniserregend» seien für ihn ausserdem «die mangelnden Geschichtskenntnisse der heutigen Generation der 15- bis 25-Jährigen.» Dies gehe aus seiner Sicht so weit, dass von einem historischen Bewusstsein nicht mehr die Rede sein könne. 

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