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Kulturgüterschutz: Der Schutz alter Bauten führt zu Interessenskonflikten

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Stanislas Rück ist der oberste Kulturgüterschützer des Kantons Freiburg. Er spricht darüber, warum geschützte Gebäude oft verfallen und warum Schutz von Kultur und Schutz der Natur nicht im Gegensatz zueinander stehen. 

Alte Bauernhäuser und Wohngebäude, Überbleibsel von Stadtmauern, Schlösser, Fabriken, Kirchen, Türme. Im Kanton Freiburg erinnern zahlreiche Bauten an vergangene Zeiten. Gleichzeitig erlebt der Kanton wirtschaftliches Wachstum, und die Bautätigkeit nimmt seit Jahren stetig zu. Pro Jahr bewilligen die zuständigen Behörden rund 2400 neue Bauten. Nicht selten führt dies zu Interessenskonflikten. Wann muss Altes Platz machen für Neues? Wo dürfen neue Gebäude gebaut werden? In welchen Fällen dürfen alte Bauten umgebaut werden? Und aktuell die brennendste Frage: Dürfen Solaranlagen auf den Dächern geschützter Gebäude montiert werden? 

Auch Ortsbilder sind Kulturgut

Auf diese Fragen ging Stanislas Rück, Leiter des kantonalen Amts für Kulturgüter, kürzlich an einem Vortrag in Düdingen ein. Dabei erklärte er eingangs zum besseren Verständnis die Arbeit seines Amts: «Unsere Aufgabe ist es, Kulturgüter zu erkennen, zu schützen und zu erhalten.» Bei einem Kulturgut handle es sich um «jedes Objekt, das für die Gemeinschaft als Zeugnis der geistigen Tätigkeit, des künstlerischen Schaffens oder des sozialen Lebens von Belang ist».

Das Amt unterscheidet zwischen beweglichen und unbeweglichen Kulturgütern. Bei beweglichen Kulturgütern handelt es sich um alle möglichen Objekte. «Das können zum Beispiel Kunstobjekte, Möbel oder Bücher sein», so Rück. Zu den unbeweglichen Kulturgütern gehören nicht nur Gebäude, sondern auch «Ortsbilder, Verkehrswege, historische Stätten oder archäologische Fundorte». Sowohl für alle unbeweglichen als auch für alle beweglichen Kulturgüter des Kantons führt ein Team aus Architekten, Historikerinnen und Kunsthistorikern ein Verzeichnis. Darin werden sämtliche schützenswerte Objekte und Gebäude dokumentiert.

Das Freiburger Burgquartier: Auch ganze Ortsbilder sind schützenswert. 
Archivbild Charles Ellena

Wenn das Amt zum Schluss kommt, dass zum Beispiel ein Gebäude schützenswert ist, heisst das aber nicht, dass es auch tatsächlich geschützt wird. «Ein Gebäude wird erst dann unter Schutz gestellt, wenn es in das Inventar aufgenommen wurde», erklärte der oberste Kulturgüterschützer. In diesem Inventar sind alle effektiv geschützten Gebäude enthalten. «Und übrigens kommt auch nicht alles, was im Verzeichnis ist, ins Inventar», hielt Rück weiter fest. Damit ein Gebäude ins Verzeichnis aufgenommen wird, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein (siehe Kasten). Von den verzeichneten Gebäuden werde etwa die Hälfte geschützt und ins Inventar aufgenommen. Die Unterschutzstellung erfolgt über die Ortsplanung durch die Gemeinde. 

Schützenswerte Bauten

Unterschutzstellung: Sechs Kriterien

Bei der Beurteilung, ob ein Gebäude schützenswert ist oder nicht, richtet sich das Amt für Kulturgüterschutz nach den folgenden Kriterien. Treffen ein oder mehrere Kriterien zu, prüft das Amt, einen Bau unter Schutz zu stellen. 

  • Historische Bedeutung
    Das unbewegliche Kulturgut zeugt von gedenkwürdigen Aktivitäten, Ereignissen oder Personen. Der historische Charakter lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten beurteilen: handwerkliche oder künstlerische Aktivität, geistiges, soziales oder wirtschaftliches Leben usw.
  • Form und dekorative Elemente
    Das unbewegliche Kulturgut weist handwerkliche oder künstlerische Elemente von besonderem Interesse auf. Die Ausführungsqualität lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln beurteilen: allgemeine Form, bauliche Details, Bauschmuck, Malereien, Skulpturen, Einrichtungen usw.
  • Repräsentativität
    Das unbewegliche Kulturgut vereint die Hauptmerkmale eines Typs oder hat Modellcharakter für eine Kategorie. Der Typ lässt sich aufgrund verschiedener Aspekte definieren: Bautechnik, Bauform, Grundriss und Anlage, Stil usw.
  • Seltenheit
    Das unbewegliche Kulturgut ist selten; es gibt nur wenige Beispiele derselben Art. Die Seltenheit lässt sich aus verschiedenen Perspektiven beurteilen: Bauzeit, Zweck, Bautechnik, Bauform, Stil usw.
  • Erhaltungszustand
    Das unbewegliche Kulturgut ist mehr oder weniger gut erhalten. Der Erhaltungszustand lässt sich anhand verschiedener Aspekte bewerten: Materialien, Bauform, Raumordnung usw.
  • Situation
    Das unbewegliche Kulturgut ist Teil der Struktur oder des Charakters eines Ortsbildes. Seine Rolle lässt sich auf verschiedenen Ebenen beurteilen: Erscheinungsbild des Ortes, Beschaffenheit und Verteilung von bebauten und unbebauten Flächen usw.

Einige der verzeichneten Gebäude werden nicht geschützt, weil sie noch zu wenig alt sind, erklärte Rück. Als Beispiel nannte er die Berufsfachschule Freiburg am Museumsweg. Die Schule habe zwar einen repräsentativen Charakter, das Gebäude sei aber noch zu jung. «Normalerweise werden Gebäude, die weniger als 30 Jahre alt sind, noch nicht unter Schutz gestellt. In der Regel gilt, dass die Folgegeneration entscheiden soll, welchen Wert ein Kulturgut hat.» Denn es brauche eine gewisse zeitliche Distanz, um eine objektive Entscheidung treffen zu können.

Verschiedene Schutzkategorien

Wird ein Gebäude effektiv unter Schutz gestellt, wird es in eine von drei Schutzkategorien (1, 2 oder 3) eingeteilt. Diese Kategorie beschreibt den Schutzumfang des Baus, also welche Teile erhalten werden müssen. Befindet sich ein Gebäude in der Kategorie 3, müssen vor allem der Rohbau, die Hülle sowie die unmittelbare Umgebung erhalten werden. Das Innere eines solchen Gebäudes aber kann unter Umständen verändert werden.

Bei einem Gebäude in der ersten Kategorie hingegen ist der Schutzumfang weitgehender. Hier müssen zum Beispiel auch die Innenräume und die Innenausstattung erhalten bleiben. Normalerweise entspreche die Schutzkategorie auch dem Verzeichniswert, welcher der Bedeutung eines Kulturgutes entspricht. Ein Verzeichniswert A bedeutet «Hohe Qualität», ein Wert B «Gute Qualität» und ein Wert C «Durchschnittliche Qualität». Normalerweise sei ein Gebäude mit dem Verzeichniswert A auch in der ersten Schutzkategorie. Es gibt aber Ausnahmen: «Die Freiburger Stadtmauern zum Beispiel haben den Verzeichniswert A, befinden sich aber in der dritten Schutzkategorie.» Denn in diesem Fall gebe es ja keine Innenräume, die man erhalten müsste.

Beurteilung von Neubauten 

«Etwa 4 Prozent aller Gebäude des Kantons Freiburg stehen unter Schutz», sagte Rück. Von all diesen Gebäuden befinden sich 18 Prozent in der Stadt Freiburg und 4 Prozent in Murten. In den Altstädten befinden sich also viele geschützte Gebäude auf engem Raum. In den ländlichen Gebieten des Kantons seien es insbesondere Gebäude aus der Landwirtschaft, die unter Schutz gestellt werden. 

Die Murtner Altstadt: Hier befinden sich viele geschützte Bauten. 
Archivbild Aldo Ellena

Das Amt müsse aber längst nicht nur alte Gebäude beurteilen. Auch bei Neubauten, die in einem Schutzperimeter des jeweiligen Ortsplans gebaut werden sollen, sei der Kulturgüterschutz gefragt. Er prüfe in diesen Fällen, ob ein neues Gebäude ein Ortsbild beeinträchtige oder ob es im Gegenteil gut in die Umgebung passe. Das Ziel sei es, schützenswerte Ortsbilder zu bewahren.

Wir beurteilen, wie sich ein Neubau in das Ortsbild einfügt.

Hohe Arbeitslast

Rück machte in Düdingen keinen Hehl daraus, dass die Beurteilung von Neubauten auch eine persönliche Komponente hat. Das Amt beurteile einen geplanten Neubau zwar nach kontextuellen Kriterien, aber trotzdem bleibe die Bewertung zu einem gewissen Grad subjektiv. «Was wir da machen, ist eigentlich Architekturkritik», räumte Rück ein. 

Für das Amt stelle diese Aufgabe ausserdem eine massive Belastung dar.

Die Anzahl der Bauten, die wir beurteilen müssen, ist eine Überforderung für unser Amt.

Gemeinden informieren nicht immer

Rück betonte, dass sein Amt zwar Einfluss darauf nehme, welche Zonen in einer Gemeinde unter Schutz gestellt werden, aber: «Mit einer sorgfältigen Interessenabwägung kann die Gemeinde ihre Planungshoheit ausschöpfen.» Die Schutzperimeter seien in den Ortsplänen der Gemeinden festgelegt. Nicht immer würden diese jedoch die Eigentümerinnen und Eigentümer frühzeitig und klar darüber informieren, dass ihr Traumhaus geschützt ist oder auf einem Schutzperimeter zu liegen kommt. Entsprechend gross sei dann die Enttäuschung, wenn der Kulturgüterschutz interveniere, sagte Rück:

Wenn unser Amt zum Schluss kommt, dass ein geplanter Bau nicht in das Ortsbild passt und deshalb nicht realisiert werden kann, löst das natürlich Frustrationen aus.

Viele Interessenskonflikte

Solche Interessenskonflikte gebe es mit dem Kulturgüterschutz immer wieder, erklärte der Dienstchef. Vor allem in der Landwirtschaftszone sei die Lage zurzeit angespannt. Der Grund sei, dass diese Gebäude alt und unterhaltungsbedürftig seien «und nicht mehr gemäss ihrer ursprünglichen Bestimmung genutzt werden können, weder für die Tierhaltung noch für den bäuerlichen Betrieb».

«Es ist natürlich im Interesse der Bäuerinnen und Bauern, solche Bauten zu modernisieren und zum Teil auch Umnutzungen vorzunehmen», sagte Rück. Solche Umnutzungen seien zwar heikel. Sie seien jedoch auch bei geschützten Gebäuden möglich, wenn sie zu deren Erhalt beitragen würden. Die angespannte Lage spiegle sich auch in der diesbezüglich restriktiven Politik des Bundes: «Der Bund erhebt regelmässig Einsprachen gegen Umnutzungen von Bauten ausserhalb der Bauzone.» In vielen Fällen begründe er den Entscheid damit, dass die Umnutzung zu weit gehe und dem raumplanerischen Ziel der Eingrenzung der Siedlungsfläche entgegenstehe.

Weiter fasste Rück zusammen:

In der Landwirtschaft gibt es einen klaren Interessenskonflikt: Die Bauern möchten mit einer modern und effizienten Infrastruktur arbeiten, der Kulturgüterschutz aber will alte Bauten erhalten.

Interessenskonflikt in der Landwirtschaft: In einige Fällen verbietet der Kulturgüterschutz, landwirtschaftlich genutzte Gebäude umzubauen.
Symbolbild Keystone

Vor diesem Hintergrund sei es verständlich, warum Eigentümerinnen und Eigentümer von alten landwirtschaftlichen Gebäude diese manchmal nicht mehr unterhalten und sie dem Verfall preisgeben. Rück bedauerte: 

Leider werden viele schützenswerte landwirtschaftliche Gebäude sich selbst überlassen und verfallen mit der Zeit.

Klimaschutz versus Kulturgüterschutz?

Auch beim Thema Fotovoltaik hat der Kulturgüterschutz ein entscheidendes Wörtchen mitzureden, wenn es sich um geschützte Gebäude handelt. In den Gemeinden sei die Fläche, bei denen das Amt einschränkend eingreift, aber klein. Und auch in solchen Schutzzonen sei es die Ausnahme, dass das Amt eine Anfrage definitiv zurückweise. «Wir lehnen nur eine von vier Anfragen auf den geschützten Gebieten ab», erklärte Rück. «In den meisten Fällen finden wir eine Lösung.» Der Kulturgüterschutz interveniere nur, wenn es zum Schluss kommt, dass die Solaranlagen zu einer wesentlichen Beeinträchtigung für das geschützte Gebäude oder das Ortsbild führten:

Es kann nicht von einem Interessenskonflikt zwischen dem Klimaschutz und dem Kulturgüterschutz gesprochen werden. Grundsätzlich wollen beide den nachhaltigen Schutz und den Erhalt unserer Umwelt.

 

Kulturgüterschutz

Grosse Bauprojekte im Kanton

Das Freiburger Amt für Kulturgüter beschäftigt sich nicht nur mit alten Gebäuden, es ist auch in laufende oder kürzlich abgeschlossene Bauprojekte im Kanton involviert.

Ein solches Projekt ist die geplante Erweiterung der Rechtswissenschaftlichen Fakultät am Standort Miséricorde. Geplant ist ein Neubau zwischen dem Thierry-Turm und den Gleisanlagen. Das Bauprojekt muss gewisse Anforderungen des Kulturgüterschutzes erfüllen. «Der Bau darf eine gewisse Höhe nicht überschreiten, damit der Thierry-Turm weiterhin gut zur Geltung kommt», erklärte der oberste Freiburger Kulturgüterschützer, Stanislas Rück. Ausserdem müsse das neue Gebäude gut zu den bestehenden Bauten der Universität passen. «Sowohl die bereits vorhandenen Gebäude als auch der geplante Neubau sind von nationaler Bedeutung und stehen unter dem Schutz der Eidgenossenschaft», erklärte Rück.

Auf diesem Gelände soll das neue Gebäude der Rechtswissenschaftlichen Fakultät entstehen. 
Archivbild Charles Ellena

Ein weiteres Bauprojekt ist die Erweiterung der Besuchsmöglichkeiten der Cailler-Fabrikanlage in Broc. Der Schokoladenhersteller möchte künftig alle Produktionsbereiche für Besucherinnen und Besucher zugänglich machen. Hierfür sind bauliche Massnahmen notwendig. Das Amt für Kulturgüterschutz schreibt vor, dass die geschützten Gebäude dabei erhalten bleiben.

Das Maison Cailler in Broc.
Archivbild Alain Wicht

Auch bei den aktuell laufenden Restaurierungsarbeiten an der Klosterkirche der Abtei Altenryf spielt der Kulturgüterschutz eine Rolle (die FN berichteten). Unter anderem wird der Eingangsbereich mit einer Rampe gehbehindertengerecht umgestaltet. Das Chorgestühl, die Malereien, die Beleuchtung, die Lüftung, die Heizung und die Fenster werden erneuert. Das Amt beurteilte die Massnahmen und kam zum Schluss, dass die Restaurierungsmassnahmen den Bau insgesamt nicht verändern. Daher bewilligte es die Massnahmen. mbe

Stanislas Rück im Juni 2022 in der Klosterkirche der Abtei Altenryf.
Archivbild Charles Ellena

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