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«Uns fehlen 50 Schiedsrichter»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Robert Raia ist seit 2009 Präsident der Schiedsrichterkommission des Freiburger Fussballverbandes. Der 45-Jährige, seit 29 Jahren selbst Schiedsrichter und unter anderem sieben Jahre lang als Assistent in der Nationalliga A tätig, investiert allein für die Einteilung der Schiedsrichter jede Woche vier Stunden. «Es gibt ein Programm, das mir dabei hilft, aber das hat seine Schwächen. Am Ende sieht das menschliche Auge immer noch am meisten, nur so kann ich sichergehen, dass auch wirklich in jedem Match ein Schiedsrichter auf dem Feld steht.» Die Arbeit beim Verband ist ehrenamtlich. Raia arbeitet in einem Vollzeitpensum im Armeelogistikzentrum in Grolley. Selbst als Schiedsrichter auf dem Feld steht Raia nur noch ein, zwei Mal pro Saison.

 

 Robert Raia, der Verband kann offiziell auf 270 Schiedsrichter zählen. Sind das genug?

Wir hätten gerne mehr. Von den 270 Schiedsrichtern pfeifen rund 200 jede Woche, die übrigen sind beispielsweise nur für die Inspektion zuständig oder haben unregelmässige Arbeitszeiten und pfeifen deshalb nur selten. So müssen die 200 Schiedsrichter die rund 220 bis 230 Spiele pro Woche übernehmen. Immer wieder gibt es natürlich Schiedsrichter, die beispielsweise in den Ferien oder verletzt sind. Ich würde deshalb sagen, uns fehlen rund 50 Schiedsrichter, um von einem normalen Betrieb sprechen zu können und eine kleine Reserve aufzubauen. Fast jedes Wochenende müssen zwei, drei Schiedsrichter im letzten Moment absagen, sei es aus persönlichen Gründen oder weil sie krank sind. Die Idee wäre, dass jeder Schiedsrichter einen Match pro Wochenende pfeift und allenfalls noch einen zweiten am Freitagabend oder während der Woche. Momentan kann es jedoch vorkommen, dass einzelne Schiedsrichter in einer Woche fünf bis sechs Spiele pfeifen müssen.

 

 Das klingt prekär …

Es ist alles andere als ideal. Denn natürlich leidet automatisch die Qualität, wenn jemand sechs Spiele pro Woche pfeift. Physisch und mental ist das schwierig durchzuhalten.

 

 Hat die Anzahl der Schiedsrichter in den letzten Jahren abgenommen?

Nachdem die Zahl zuvor gesunken war, ist sie seit einigen Jahren wieder stabil, steigt sogar leicht an. Es sind viele Junge dazugekommen. Für den aktuellen Kurs haben sich wieder 15 angemeldet; ich hoffe also, wir können die Zahl bald wieder ein bisschen erhöhen, mindestens so auf 300. Aber gleichzeitig gibt es auch einige langjährige Schiedsrichter, die allmählich die Nase voll haben. Doch ich muss weiter auf sie zählen können, denn oft spielen die Jungen selber noch Fussball, gleichzeitig kommen noch die Lehre oder das Studium dazu, die Freundin, das Privatleben und so weiter. Kurz gesagt: Die Jungen sind nicht ganz so zuverlässig wie viele Ältere. Manchmal ist es wirklich schwierig, da heisst es dann im letzten Moment: Ach, ich habe vergessen, dass Muttertag ist, oder: Ach, am Wochenende ist ja Kilbi. Und das geht natürlich nicht. Fehlt ein Spieler seiner Mannschaft, hat der Trainer halt 15 statt 16 Mann im Kader. Fehlt hingegen der Schiedsrichter, kann der Match schlicht nicht stattfinden.

 

 Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass der Verband 50 Schiedsrichter weniger hat als gewünscht?

Den Jungen wird schnell klar, dass es keine leichte Aufgabe ist, Schiedsrichter zu sein. Es benötigt Engagement. Schon nur, um an die Spielorte zu kommen. Ich kann die Schiedsrichter nicht immer so aufbieten, dass sie in der Nähe ihres Wohnortes pfeifen. Da muss halt ein Schiedsrichter aus Kerzers auch einmal im Greyerz pfeifen. Hinzu kommt das Benehmen einiger Eltern. Bevor sie zu den Aktiven kommen, pfeifen die jungen Schiedsrichter zuerst bei den Junioren. Wenn sie dort in ihrem zweiten, dritten Match gleich einmal von den Eltern beschimpft werden, hören viele gleich wieder auf. Wir haben es immer wieder mit solchen Fällen zu tun, und das ist schade.

 

 Ist die Problematik mit motzenden Eltern in den letzten Jahren schlimmer geworden?

Ja, ganz klar. Es gibt Eltern, die glauben, ihr Kind sei der grosse Star. Alles, was nicht in dieses Bild passt, erzürnt sie, egal, ob das eine Massnahme des Trainers oder ein Pfiff des Schiedsrichters ist. Das verdirbt nicht nur dem Kind den Spass am Fussball, sondern kann auch zu schnellen Demissionen der Schiedsrichter führen.

 

 Müssen auch Spiele abgesagt werden, weil der Verband schlicht keinen Schiedsrichter findet?

Meistens schaffen wir es, irgendwie alle Spiele abzudecken, auch wenn es fast immer ein Tanz auf der Rasierklinge ist. Leider kommt es in einzelnen Fällen aber tatsächlich vor, dass wir Spiele verschieben müssen, weil wir keinen Schiedsrichter finden–sogar in der 3. Liga.

 

 Wie viele Spiele sind davon betroffen?

Ich würde sagen, pro Saison sind es rund zehn Spiele. Dies, obwohl wir beispielsweise vor einigen Jahren eingeführt haben, dass pro Wochenende in einer der 3.-Liga-Gruppen alle Spiele am Sonntag ausgetragen werden müssen. Denn wenn alle Spiele am Samstag stattfänden, fände ich ohnehin nicht genügend Schiedsrichter.

 

 Kam es vor 10 oder 15 Jahren ebenfalls bereits vor, dass Spiele mangels Schiedsrichter verschoben werden mussten?

Ich glaube nicht. Ein Problem ist auch, dass die Anzahl der Spiele zugenommen hat. Es gibt mehr Teams bei den Frauen, und es gab vor zehn Jahren noch keinen 4.-Liga-Cup, keinen 5.-Liga-Cup. Das sind zusätzliche Spiele, und das oftmals erst noch während der Woche. Werktags stehen mir ohnehin bereits noch weniger Schiedsrichter zur Verfügung.

 

 Mit welchen Argumenten versuchen Sie, die fehlenden Schiedsrichter in den kommenden Saisons aufzutreiben?

 Gute Frage. Zunächst einmal bieten wir die Möglichkeit, am Fussball-Leben teilzunehmen, ohne dafür zwingend in einem Team mitzuspielen. Ich beispielsweise war nie selbst Spieler. Wir bieten die Möglichkeit, Sport zu treiben und dafür auch noch bezahlt zu werden. Natürlich darf das Geld nicht die einzige Motivation sein. Aber wenn ein junger Schiedsrichter seine vier Spiele pro Monat pfeift, hat er immerhin einige Hundert Franken Taschengeld.

 

 Ab welchem Alter kann ein Jugendlicher Spiele pfeifen?

Ab 15.

 

 Ein 15-Jähriger kann bereits einen Match der Aktiven pfeifen?

Nein, zunächst einmal pfeifen die ganz Jungen bei den Junioren C und nähern sich dann Schritt für Schritt den Aktiven an. Wir versuchen, die jungen Schiedsrichter nicht allzu schnell bei den Erwachsenen pfeifen zu lassen. Es gibt 17-, 18-Jährige, die das tun. Wenn ein junger Schiedsrichter genügend Selbstvertrauen hat, kann das gut gehen. Aber man muss aufpassen. Denn bei den Aktiven muss der Schiedsrichter präsenter sein, es wird härter gespielt–und auch mehr mit dem Mund.

 

 Schlagen sich die übrigen Kantonalverbände in der Schweiz mit denselben Problemen herum wie Freiburg?

Der Schiedsrichtermangel ist kein freiburgspezifisches Problem. In den anderen Kantonen sieht es ähnlich aus.

 

 Es gibt Klubs, die keinen einzigen Schiedsrichter stellen. Haben Sie auch schon mit dem Gedanken gespielt, diese Vereine härter zu bestrafen?

Die Regel besagt, dass ein Klub pro Mannschaft mit elf Spielern einen Schiedsrichter stellen muss. Klubs, die das nicht erreichen, bezahlen eine Busse. Diese Bussen haben wir bereits erhöht. Es kostet die Vereine schnell einmal 4000, 5000 Franken, weil ein Klub vielleicht acht Teams, aber nur zwei Schiedsrichter hat. Aber die Klubs quasi zu zwingen, mehr Schiedsrichter zu stellen, bringt auch nichts. Es soll ja nicht einfach irgendwer eingeschrieben werden, schliesslich wollen wir motivierte Schiedsrichter.

 

 Was ist das Schwierigste daran, Schiedsrichter zu sein?

Ruhig und neutral zu bleiben, wenn dich beide Teams zu beeinflussen versuchen, ist nie leicht. Die Profifussballer im TV mit den ständigen Rudelbildungen rund um den Schiedsrichter sind natürlich schlechte Vorbilder. Leider geht die Tendenz auch im Regionalfussball in diese Richtung. Es ist menschlich, dass ein Spieler den Schiedsrichter zu beeinflussen versucht. Aber wenn es die Spieler übertreiben und selbst bei klar richtigen Entscheiden immer wieder reklamieren und den Schiedsrichter einzuschüchtern versuchen, wird es schwierig.

 

 Wie oft kommt es vor, dass Spiele abgebrochen werden müssen, weil alles aus dem Ruder läuft?

Selten. Pro Saison sind es drei, vier Spiele, mehr nicht. Die Schiedsrichter sind angewiesen, alles zu unternehmen, damit der Match fertiggespielt werden kann, auch wenn sie natürlich nicht ihre Gesundheit aufs Spiel setzten sollen. Wenn es klare Drohungen gibt oder der Schiedsrichter angegangen wird, ist klar, dass der Match abgebrochen wird.

 

 Gab es in dieser Saison solche Vorfälle?

Ja. In dieser Saison wurden fünf Spiele abgebrochen. Manchmal ist der Schiedsrichter direkt involviert. Beim 3.-Liga-Match zwischen Siviriez und Cottens etwa sah sich der Referee im Herbst nicht mehr in der Lage, das Spiel zu leiten, weil er verbal massiv attackiert wurde. Es gab dann einen Forfait-Sieg für Siviriez und vier Punkte Abzug für Cottens. In anderen Fällen ist der Schiedsrichter nicht direkt involviert, auch solche Fälle gab es in dieser Saison. Beispielsweise wurde der 4.-Liga-Match Villars-sur-Glâne – Givisiez wegen einer Massenschlägerei abgebrochen–der Schiedsrichter hatte damit nichts zu tun.

 

 Kam es seit der Partie im September 2012, als ein Spieler aus der zweiten Mannschaft des FC Freiburg dem Schiedsrichter einen Schlag auf den Brustkorb versetzte, wieder einmal zu einem tätlichen Angriff auf einen Referee?

Nein, das war die letzte physische Attacke.

 

 Pfeift dieser Schiedsrichter mittlerweile wieder?

Ja.

 

 Wenn Sie einen Wunsch an die Spieler richten könnten, welcher wäre das?

Dass sie versuchen, das Spiel ein bisschen objektiver zu betrachten und die Entscheide zu akzeptieren. Dazu gehört, zu akzeptieren, dass eben auch die Schiedsrichter Fehler machen. Wenn ein Schiedsrichter in der vierten oder fünften Liga pfeift, dann kommt das nicht von ungefähr. Wäre er ein super Schiedsrichter, würde er nicht dort pfeifen, genau, wie ein Spieler nicht dort spielen würde, wenn er so stark wäre. Ich kann in der 5. Liga keine WM-Schiedsrichter aufbieten.

«Momentan kann es vorkommen, dass Schiedsrichter in einer Woche fünf bis sechs Spiele pfeifen müssen.»

«Leider kommt es in einzelnen Fällen tatsächlich vor, dass wir Spiele verschieben müssen, weil wir keinen Schiedsrichter finden.»

«Wäre er ein super Schiedsrichter, würde er nicht in der 4. und 5. Liga pfeifen, genau, wie ein Spieler nicht dort spielen würde, wenn er so stark wäre.»

Im FokusUnverzichtbar und ungeliebt

In der Rubrik «Im Fokus» beleuchten die FN einmal im Monat auf einer Doppelseite die Hintergründe eines Themas aus der Sportwelt. In diesem Monat stehen die Fussballschiedsrichter im Mittelpunkt. Diese mehr als 200 Freiwilligen, die jedes Wochenende Tausenden Fussballern ermöglichen, ihr Hobby auszuüben–und denen doch so wenig Dankbarkeit entgegengebracht wird.fm

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