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Wenn man zur Rappenspalterin werden muss

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Ich treffe Pepita (Name von der Redaktion geändert) in einer Badi an einem schönen Sommertag am Thunersee. Pepita ist 47 Jahre alt, ihre Eltern kamen 1963 aus Nordspanien als Gastarbeiter in die Schweiz. Pepita wuchs im Berner Oberland auf und machte nach der obligatorischen Schulzeit eine Lehre als Verkäuferin mit Abschluss. Schon als Kind hat sie gelernt zu sparen, denn ihren Eltern fehlte das Geld, um mit der Familie einen Ausflug in die Berge zu unternehmen. Auch jetzt blickt sie voller Sehnsucht vom Ufer des Thunersees auf die imposanten Berggipfel. So gerne würde sie einmal mit ihrer Tochter dort hoch. Doch das Geld reicht nicht. Pepita ist heute Sozialempfängerin und lebt alleinerziehend zusammen mit ihrer 13-jährigen Tochter. Bis zur Geburt ihrer Tochter hat sie regelmässig gearbeitet. Dann wollte sie sich um ihr Baby kümmern und der Arbeitgeber kam ihr nicht mit einer Teilzeitstelle entgegen. Nur hundert Prozent hätte sie wiedereinsteigen können, wenige Wochen nach der Geburt, das wollte sie nicht. Sie lebte zusammen mit ihrem Partner und Vater der Tochter, der die Familie finanzierte. Leider verlor er seine Arbeit, fand keine neue Stelle. Auf einmal waren sie Sozialhilfeempfänger.

Niemand will sie anstellen

Vor einigen Jahren zerbrach die Partnerschaft. Pepita lebt seither alleine mit ihrer Tochter. Sie hat vieles unternommen, um eine Stelle zu finden. Sie ist eine aufgestellte Person und lacht viel. Doch hinter ihrem ansteckenden Lachen versteckt sich eine tiefe Traurigkeit. Sie hat psychische Probleme und hat es nicht mehr ausgehalten, dass niemand sie engagieren will; nicht mal in einer Kaffeebar in Bern hatte sie eine Chance. «Ich habe so viele Bewerbungen geschrieben und durfte mich nicht einmal vorstellen gehen – und weiss nicht warum.» Pepita kümmert sich mit Leidenschaft um den Haushalt und kocht gerne und gut. Immer gibt es ein feines Mittag- und Abendessen für ihre Tochter. Trotzdem muss sie schauen, ob das Budget reicht, das Lieblingsessen wieder einmal auf den Tisch zu bringen, «Piccata Milanese», sagt sie und ihre Augen strahlen. Sie kocht Couscous und Gemüse und Pasta, Fleisch nur selten.

Ihre Tochter weiss nicht genau, wie die Situation aussieht. Pepita macht alles, damit es ihr an nichts fehlt. Die Gotte unterstützt sie finanziell und ermöglicht zusätzliche Ausgaben, wie zum Beispiel ein Skilager. Ihre Tochter soll auch mal mit den Freundinnen ins Kino dürfen – dafür spart Pepita und verzichtet selbst. Alle zwei Jahre darf sie günstig zusammen mit ihrer Tochter in ein Reka-Feriendorf in der Schweiz. Darauf freut sie sich immer sehr. Pepitas Vater lebt nun wieder in Spanien, das Geld reicht nicht, um ihn zu besuchen. Die Mutter ist verstorben.

Pepita ist grundsätzlich unternehmungslustig, doch ein Konzertbesuch liegt nur ganz selten drin. Pepita sagt: «Ich gehe lieber nicht in den Ausgang, wenn ich mir kein Getränk leisten kann. Ich will nicht mehr heimlich mit einer leeren PET-Flasche auf der Toi­lette Wasser auffüllen gehen. Ich wünsche mir so sehr, wieder arbeiten zu dürfen. Vor allem in der dunklen Winterzeit schlägt mir alles aufs Gemüt. Meine Tochter wird grösser, und ich bin nicht ausgelastet mit dem Haushalt. Im Sommer kann ich mich mit meinem kleinen Garten beschäftigen. Mein Wunsch wäre eine Arbeit, mit der ich einen Dienst am Mitmenschen leisten kann.» Pepita blickt auf die fernen Berge und sagt: «Ich hätte wirklich nie gedacht, dass ich in der Schweiz zur Rappenspalterin werde.»

Fabienne Ayer hat diesen Beitrag in leicht veränderter Form zuerst für den Verein für soziale Gerechtigkeit verfasst und unter www.armutinfo.ch publiziert.

Zahlen und Fakten

Immer mehr Sozialhilfebezüger

In der Schweiz beziehen über 235 000 Personen Leistungen der Sozialhilfe. Tendenz steigend. Ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 17 Jahren. Rund 65 Prozent der unterstützten Haushalte sind Alleinstehende, 20 Prozent sind Alleinerziehende und 11 Prozent sind Familien mit Kindern. Rund ein Drittel der Sozialhilfebeziehenden im erwerbsfähigen Alter sind ganz oder teilweise erwerbstätig. Ihr Einkommen reicht aber nicht aus, um die Lebenskosten zu decken. Ältere Menschen beziehen selten Sozialhilfe, da die Ergänzungsleistungen zur AHV das Existenzminimum garantieren. Aufgrund der Armutsquote von über 7,5 Prozent ist zu vermuten, dass viele armutsbetroffene Menschen ihren Anspruch auf Sozialhilfe aus verschiedenen Gründen nicht geltend machen.

tr

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