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Bauern starten neue Belagerung von Paris: «Drei Tage, dann geht Paris das Essen aus»

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Frankreichs Landwirte machen ernst: Mit Traktoren wollen sie heute Montag die Zufahrt zu grossen Städten blockieren. Der junge Neo-Premierminister Gabriel Attal hat dem massiven Druck wenig entgegenzusetzen.

Rosen hat es noch, rote, orange. Die Orchideen sind hingegen alle weg. Und neue Lieferungen seien mehr vorgesehen, sagt Grossist Caméo. Etwas einsam steht er in dem riesigen Hangar, dort, wo er normalerweise Lasterladungen von Blumen verkauft. Viele seiner Grosskunden sind an diesem Montag nicht gekommen. Denn der nationale Bauernverband FNSEA hat ankündigt, dass er den Pariser Frischmarkt Rungis blockieren werde, sobald seine Traktoren aus Südfrankreich eingetroffen sind.

«Und glauben Sie mir, was die sagen, ziehen sie auch durch», sagt der Engros-Händler, ohne ein glückliches Gesicht zu machen. «Wir sind natürlich alle für unsere Landwirte. Aber wenn schon, sollen sie sich doch den Elysée-Palast vorknöpfen, statt Rungis zu blockieren!»

Verständnis für Forderungen

Rungis, im Süden von Paris gelegen, früher ein eingemeindeter Vorort, ist heute der grösste Frischmarkt der Welt. 1200 Unternehmen, 13’000 Angestellte sind dort tätig. Kolonnen von Sattelschleppern aus ganz Europa liefern täglich 5000 Tonnen Obst und Gemüse in die Hallen, dazu Blumen und 2400 Tonnen Fleisch. Von Rungis aus werden 12 Millionen Einwohner des Grossraums Paris und 25’000 Restaurants beliefert.

Damit ist wohl bald Schluss. Die französischen Landwirte hatten am Montag damit begonnen, die Einfallachsen und Autobahnen um mehrere Städte wie Lyon oder Paris zu blockieren. Und Rungis.

Aus Nordfrankreich und aus dem Süden wälzen sich Hunderte von Traktoren in Richtung Hauptstadt. Ganze Autobahnabschnitte sind bereits geschlossen. Die Landwirte verlangen in etwa dasselbe wie ihre deutschen Berufskollegen vor zwei Wochen: tiefere Steuern und Abgaben, höhere Preise für ihre Produkte und weniger Ökonormen. «Sonst können sie in der EU und weltweit nicht mehr bestehen», sagt Blumenhändler Caméo voller Verständnis. «Aber müssen sie deshalb gleich Rungis trockenlegen?»

Am Tresen der Bar Mercato, wo die Händler ihren ersten Espresso um drei Uhr in der Früh stürzen, pausiert Saïd aus Mantes-la-Jolie, 60 Kilometer von Rungis entfernt. Der Pizzaiolo ist gekommen, um sich in dem flughafengrossen Marktgelände einzudecken. Wie lange der Markt einer Blockade standhalten würde, weiss er präzis: «Drei Tage», sagt er. «Dann geht Paris das Essen aus.» Der Kellner mit dem scharf geschnittenen Backenbart nickt. «Meine Kunden hier in Rungis kriegen bald nichts mehr auf ihren Teller!»

Keine guten Aussichten. Doch die Regierung ist kaum mehr Herr der Lage. Der neue, erst 34-jährige Premierminister Gabriel Attal ist letzte Woche rasch eingeknickt: Die geplante Steuererhöhung auf Agrardiesel, welche die Proteste ausgelöst hatte, nahm er kurzerhand zurück. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat den deutschen Landwirten dagegen Mitte Januar nur eine Staffelung der Steuererhöhung auf drei Jahre zugestanden.

«Sie haben Angst»

In Frankreich spüren die Landwirte, dass sie der politisch geschwächten Staatsführung von Emmanuel Macron noch mehr Zugeständnisse abringen können. Innenminister Gérald Darmanin hatte zudem erklärt, er werde die Landwirte «machen lassen». Das war zweifellos ein Fehler: Die Angesprochenen lassen sich nicht zweimal bitten und bedrohen nun auch Paris, seit den Zeiten der Monarchie das Symbol der im Land verhassten Zentralgewalt.

Der Markt von Rungis ist dagegen nicht so sehr ein Symbol, sondern die Vorratskammer der Hauptstadt. Ohne Rungis hungert Paris. Darmanin ist sich dessen bewusst. Vor den zwei Hauptportalen hat er nun polizeiliche Panzerfahrzeuge auffahren lassen. Am Himmel patrouillieren ohne Unterlass Helikopter. Sie sollen die Taktik der anfahrenden Traktorarmee früherkennen.

«Sie haben Angst», frohlockt an der frischen Luft ein Blumengrossist auf seinem Hubstapler. Sie? «Attal, Darmanin, Macron, all die», zählt der ältere Mann verächtlich auf. «Sie fürchten sich, weil sie bald niemand mehr wählen wird. Die Beamten nicht wegen der Rentenreform, die Arbeiter nicht wegen der Arbeitslosenversicherung – und die Bauern jetzt auch nicht mehr. Die wählen niemanden, der für die EU ist, wie unser Präsident.»

Ganz so einfach ist es nicht: Die französischen Bauern, die dank Wein- und Getreideexport heute einen milliardenschweren Agrarhandelsüberschuss erwirtschaften, sind nicht grundlegend gegen die EU: Brüssel lässt ihnen jedes Jahr 9,4 Milliarden Euro an Subventionen zukommen, was Frankreich zum grössten Nettoagrarbezüger der EU macht.

«Die Öko- und Klima-Bürokratie der EU macht uns alle noch verrückt», kontert der Hubstaplerfahrer, der nicht sagen will, was er von der Rechtspopulistin Marine Le Pen hält – die ja auch nicht gut auf die EU zu sprechen ist. «Die EU zwingt den französischen Bauern Freihandelsabkommen auf, derzeit gerade mit Südamerika», sagt der Grossist und zeigt auf einen grauen Hangar: «In Kolumbien und Ecuador gibt es Rosen, Tulpen, Sonnenblumen und sogar Orchideen viel billiger. Ist ja nett – aber die französischen Züchter halten da preislich nicht mehr mit.» Er überlegt kurz und sagt dann: «Die sollten nicht Rungis blockieren, sondern Brüssel!»

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