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Eine Düdingerin erzählt von ihrer Kindheit in 13 Pflegefamilien

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Von der Mutter zur Adoption freigegeben, in 13 Pflegefamilien aufgewachsen und auch mit 70 Jahren immer noch daran, die Kindheit zu verarbeiten: Jasmin Maggetti erzählt ihre Geschichte im Buch «Anders aufgewachsen».

«Mir geht es heute gut, sehr gut sogar», sagt Jasmin Maggetti. Dass die Düdingerin dies von sich sagen kann, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn viele Jahre ging es ihr nicht gut, der schlechte Start in diese Welt beeinflusste ihr Leben sehr lange. Ihre Mutter wurde an einer Haushaltsstelle von ihrem Arbeitgeber schwanger, als sie 15 Jahre alt war. Sie wurde in ein Erziehungsheim gesteckt und gezwungen, ihre Tochter zur Adoption freizugeben. Bis sie vier Jahre alt war, war Jasmin Maggetti in 13 Pflegefamilien, oft nur für einen Monat. Dann wurde sie adoptiert und kam zu einem Paar, das sie zwar gut behandelte, wo sie aber kein liebendes Umfeld erlebte und von der Dorfjugend geplagt wurde.

Elf «andere» Kindheiten

Im Buch «Anders aufgewachsen» erzählt Jasmin Maggetti ihre Geschichte. Sie reiht sich ein in zehn andere Porträts von Menschen, die ebenfalls keine normale Kindheit hatten: Es geht zum Beispiel um die Tochter eines Priesters, um ein Mädchen aus Südamerika, das illegal in die Schweiz adoptiert wurde und um einen Buben, der inmitten von wilden Tieren aufwuchs. Jedes Schicksal ist anders und nicht alle empfinden das Erlebte der Kindheit im Erwachsenenleben gleich schwer.

Durch Bekannte ist Jasmin Maggetti auf das Buchprojekt aufmerksam worden (siehe Kasten). Nach einigem Überlegen habe sie mitgemacht, auch weil dies für sie eine weitere Möglichkeit war, das Erlebte zu verarbeiten. «Es war kurz nach der Zeit, als ich meine Unterlagen bekommen habe», erzählt sie im Gespräch mit den FN. Als Opfer von sogenannten fürsorgerischen Zwangsmassnahmen hatte sie Einblick in ihre Akte beantragt. Das sei nicht einfach gewesen, denn einiges aus ihrer Lebensgeschichte hatte sie vorher nicht gewusst.

Den Wunsch, mehr über die Gründe zu erfahren, wie und warum die Behörden damals über ihr Schicksal entschieden haben und welche Rolle ihre Mutter, ihr Vater und ihre Grossmutter dabei spielten, hatte sie schon als junges Mädchen. Es dauerte aber lange, bis sie das Puzzle einigermassen zusammensetzen konnte.

Immer angepasst

Bis dahin kam sie manchmal mehr schlecht als recht durchs Leben. Jasmin Maggetti erzählt von Selbstmordversuchen und dem Unvermögen, anderen Menschen zu vertrauen und sich ihnen zu öffnen. Erst als sie 50 Jahre alt war, hat sie gelernt, dass es normal ist, eigene Wünsche und Ansichten zu haben. «Als Kind habe ich mich immer angepasst und geschwiegen, aus Angst, dass ich sonst wieder wegmuss in die nächste Pflegefamilie», erzählt sie. Ihr jetziger Mann sei der erste gewesen, der sie so genommen habe, wie sie sei.

Eine frühere langjährige Beziehung war unter anderem daran zerbrochen, dass sie das alte Anpassungsmuster nicht durchbrechen konnte, aber auch, weil ihr Partner nicht wollte, dass sie ihre Vergangenheit aufarbeitet. «Heute weiss ich, dass es einem krank macht, wenn man versucht, zu verdrängen», sagt sie. Als Kind hatte sie ein unerklärliches Zittern, später viele Jahre lang Albträume und einen hartnäckigen Reizhusten – alles psychosomatische Erkrankungen. «Es war ein langer Prozess», sagt sie und ist froh, dass sie sich professionelle Hilfe bei einem Psychiater geholt hat.

Raus an die Luft

Unbewusst sei der Rucksack der Kindheit immer präsent und komme manchmal in gewissen Situationen plötzlich zum Vorschein, erzählt sie. Wenn sie spüre, dass sie in eine depressive Stimmung zu rutschen drohe, versuche sie, dieser bewusst entgegenzuhalten. «Dann gönne ich mir etwas Gutes, ein Treffen mit Freunden, einen Besuch im Kino.» Sehr gut helfe es ihr, rauszugehen, in die Berge etwa oder auf den Vitaparcours, «raus aus dem normalen Trott und den Kopf lüften.»

Anderen Mut machen

Im Buch gibt Jasmin Maggetti sehr viel Persönliches preis. Sie habe sich auch deshalb dazu bereit erklärt, weil sie hoffe, anderen Mut zu machen. «Als ich mich mit meiner Geschichte befasste, merkte ich, dass es andere gibt, denen es schlechter erging», sagt sie:

Ich sagte mir, wenn ich dazu stehe, was mir passiert ist, kann ich einigen Menschen vielleicht zeigen, dass man trotz eines negativen Starts etwas erreichen kann.

Sie verhehlt nicht, dass es ein Kampf war, der sie am Ende auf der einen Seite stärker gemacht habe, auf der anderen Seite auch sensibler für die Anliegen anderer Menschen. «Wenn man das geschafft hat, will man etwas zurückgeben», sagt sie. Sie engagiert sich ehrenamtlich zum Beispiel in einem Lesekreis – wissend, dass ihr selbst der Griff zu einem Buch als Kind geholfen hat, manche Krise zu überstehen. Sie ist auch Aktivmitglied des Vereins Wachen und Begleiten (Wabe), wo sie Sterbende und ihre Angehörige begleitet.

Am Begriff «anders», den die Buchautorinnen im Titel für ihr Projekt gewählt haben, hat sich Jasmin Maggetti eine Zeit lang gestört, weil anders unterschwellig als «nicht normal» interpretiert wird. «Doch es stimmt ja, ich hatte eine andere Kindheit als andere. Aber jetzt bin ich ich und stolz darauf, wie ich das Leben gemeistert habe.»

Vorschau

Lesung und Gespräch am 6. April

Das Buch «Anders aufgewachsen – 11 Kindheiten im Porträt», erschienen im Christoph-Merian-Verlag, steht am kommenden Mittwoch im Zentrum eines Anlasses in Tafers. Die Autorinnen Seraina Sattler und Anna Six, beides freischaffende Journalistinnen aus Zürich, werden über den Hintergrund ihres Buchprojekts erzählen und einzelne Porträts vorstellen. Jasmin Maggetti wird dann über ihre Geschichte sprechen und vor allem auch auf Fragen aus dem Publikum eingehen. im

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