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Wie es ist, wenn der ganze Körper gelähmt ist, aber das Hirn bestens funktioniert

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Plötzlich war Florence gelähmt und konnte nur noch ihre Augen bewegen – bei vollem Bewusstsein. Mithilfe ihres Computers erzählt sie, wie sie mit dem Locked-in-Syndrom lebt und weshalb sie weiterlebt.

Florence sitzt am Esstisch ihrer Wohnung. Der Rollstuhl stützt ihren Körper. Ihre hellblauen Augen schauen zur Journalistin, die sich ihr gegenübersetzt. Dann fixieren die Augen das Tablet, das an einer Halterung vor ihr steht. Sprechen kann die 38-jährige Florence nicht. Bewegen kann sie sich auch nicht. Florence hat das Locked-in-Syndrom. 

Nach dem Sporttreiben fiel sie im November 2019 in der Garderobe ohnmächtig um. Aufgewacht ist sie bei vollem Bewusstsein in einem Körper, der nicht mehr funktionierte. Nur die Augen konnte sie noch bewegen.

Buchstabe um Buchstabe

Via Infrarot-Strahlen tippt sie mit ihren Augen auf dem Tablet auf Buchstaben. Ähnlich wie bei einem Smartphone gibt das Schreibprogramm ihre Worte vor. Diese erscheinen auf einem Bildschirm auf der Rückseite des Tablets, so dass ihr Gegenüber sie lesen kann. Hat Florence ein Wort oder einen Satz Buchstabe für Buchstabe fertig geschrieben, sagt der Computer ihn auf: «Sensibilisieren», sagt eine Frauenstimme. Deshalb hat sie sich für das Gespräch bereit erklärt. Sie möchte das Locked-in-Syndrom bekannt machen.

Bis Florence das Tablet erhielt, vergingen neun Monate. «Wirklich, wie haben wir das geschafft?», schreibt sie. Die Frustration darüber ist ihr auch ohne Worte und Mimik anzumerken. 

In dieser Zeit blieb ihr nur, über eine Buchstabentafel zu kommunizieren. Auf dieser ist das Alphabet nach Häufigkeit der Buchstaben in vier Gruppen aufgeteilt. Das Gegenüber geht dabei erst die vier Gruppen durch und danach jeden einzelnen Buchstaben eines Wortes. Florence blinzelt jeweils als Signal für «Ja». Die Tafel braucht sie immer noch, denn die Infrarot-Verbindung zu ihrem Tablet funktioniert draussen auch im Schatten nicht. Das Esszimmer ist für das Gespräch etwas abgedunkelt.

Den Kindern zuliebe

Neben Florence sitzt ihr Mann Michael. Ihren zwei Kindern zuliebe möchten sie den Familiennamen nicht publizieren. Sonst verheimlicht das Ehepaar nichts. Die Kinder sind der Grund, weshalb Florence noch lebt. «Das ist ganz klar», steht auf dem Bildschirm. Ihr Mann schaut zu ihr hinüber, in seinen Augen glänzen Tränen. Die Tablet-Technologie verhindert ein fliessendes Gespräch weniger als das Thema selbst. Der Blick von Michael ist leicht gesenkt. Er legt seine Hand über die von Florence. Auch er hat Kraft gebraucht, um weiterzumachen. «Mein Komplize», nennt ihn Florence. Zur Zeit des Unfalls waren die Kinder fünf und sieben Jahre alt. «Ich habe ihnen vereinfacht erklärt, was passiert war, ohne zu lügen», sagt Michael.

Doch um das Leben mit dem Locked-in-Syndrom zu verstehen, müsste man es selber erleben. Florence beneidet querschnittgelähmte Personen. «Sie können noch essen», schreibt sie. Sogar das Pflegepersonal habe nicht immer gewusst, wie mit Florence umzugehen sei, sagt ihr Mann. Sie schreibt:

Ich will nicht, dass man mit mir spricht, als wäre ich debil oder ein Kind oder als wäre ich taub.

Unterstützung für weitere Betroffene

Der Blick von aussen macht betroffen und hilflos. Um Florence und den schätzungsweise 20 bis 30 Personen in der Schweiz zu helfen, die das Locked-in-Syndrom haben, hat Michael die Association Le Phare (siehe Kasten) ins Leben gerufen. «Ziel ist es, den betroffenen Personen das Leben zu erleichtern», sagt er. Er selbst ist nicht Teil des Vorstands, da Spendengelder auch an Florence gehen.

Die Krankenversicherung deckt nicht alles, was für die Behandlungen nötig ist. «Zwei Mal Physiotherapie, zwei Mal Logopädie und einmal Ergotherapie», schreibt Florence auf ihrem Tablet. So sieht ihr Wochenprogramm aus. Damit sie beispielsweise Übungen auch zu Hause machen kann, braucht sie gewisse Physiogeräte. Die wichtigsten Geräte übernimmt die Versicherung, andere bezahlt Le Phare wenn möglich mit Spenden.

Keine Garantie

Hat sie bereits Fortschritte gemacht? «Ja, sie kann ihre Hand etwas bewegen, so dass sie den elektrischen Rollstuhl selbst lenken kann», sagt ihr Mann. Die Freude darüber ist ihm anzusehen, er lacht und nickt seiner Frau zu. Gleichzeitigt «tippt» Florence etwas in ihren Computer. «Am Anfang konnte ich auch den Kopf nicht halten. Es ist nie genug.» Ihr ist es wichtig zu sagen, dass es alles ändern würde, wenn sie die Hand besser bewegen könnte. Michael zieht die Schultern hoch und nickt, sie hat recht. Seine Freude ist gewichen. Ob sie das jemals kann? «Alles ist möglich, aber nichts ist garantiert», sagt Michael.

Zur Organisation

Das Leben lebenswerter machen

Michael hat die Assocation Le Phare im März 2020 gegründet (siehe Haupttext). Geboren ist die Idee aus dem Gedanken, seiner Frau Florence zu helfen, die das Locked-in-Syndrom hat. Der Verband möchte aber auch anderen Personen mit diesem Syndrom helfen und die Krankheit bekannt machen. Dazu sammelt Le Phare Spendengelder. Von kleinen bis zu grösseren Beträgen, denn manchmal seien es Kleinigkeiten, die einen Unterschied machten, so der Gründer von Le Phare. Ein grösseres Ziel ist es zudem, dass vermehrt Gelder in die Forschung fliessen und damit den betroffenen Personen geholfen wird. Auch die Technik soll sich verbessern: beispielsweise das Schreibprogramm, denn momentan können Betroffene damit nur im Innern kommunizieren. Weitere Informationen unter: associationlephare.ch

Zur Krankheit

Bei vollem Bewusstsein gefangen im Körper

Das Locked-in-Syndrom ist eine seltene neurologische Krankheit, die jeden und jede treffen kann. Das Syndrom tritt plötzlich auf. Auslöser ist oft ein Schlaganfall, wie die Association Le Phare auf ihrer Website schreibt. «70 Prozent der betroffenen Personen überleben nicht», sagt der Gründer von Le Phare, Michael. Seine Frau Florence ist vom Syndrom betroffen. Jene, die überleben, können ausser ihren Augen ihren Körper nicht mehr bewegen. Auch Grundfunktionen des Körpers, beispielsweise das Essen, funktionieren nicht mehr. Dabei sind die Betroffenen bei vollem Bewusstsein und geistig nicht beeinträchtigt. Mithilfe verschiedener Therapien kann ein Teil der Motorik zurückgewonnen werden. Eine Garantie gebe es aber nicht, sagt Michael.

Spendenaktion

Ein Iron-Man für Florence

Raphaël Guisolan und Bruno Rohner werden für die Assocation Le Phare und für Florence einen Iron-Man absolvieren. «Als Sportler macht einen die Vorstellung, dass man sich nicht bewegen kann, sehr betroffen», sagt Bruno Rohner den FN. Die beiden Sportfreunde druckten ein Sport-Shirt mit einem QR-Code drauf, der auf Twint verlinkt. Damit können sie auch kleine Spenden sammeln. Das Shirt tragen die beiden nun regelmässig auf ihren Trainingsläufen. Doch laufen sie nicht nur. Am 5. September heisst es in Thun: 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und dann noch einen Marathon über 42 Kilometer. Der Wettkampf sei nichts im Vergleich zu dem, was Florence erlebe. «Auch wenn es schmerzt, am Abend ist der Wettkampf vorbei», sagt Bruno Rohner.

Bruno Rohner und Raphaël Guisolan bereiten sich auf den Iron-Man in Thun vor.
zvg

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