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«Suizid ist bei Jugendlichen die häufigste Todesursache»

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Die Anzahl psychischer Probleme ist bei Kindern und Jugendlichen im Jahr 2021 angestiegen und auch die Anzahl der Suizidversuche. Im Kanton Freiburg ist ebenfalls ein solcher Anstieg zu vermerken. Die FN haben mit Christoph Salathé vom Verein Suizid-Prävention Freiburg darüber gesprochen.  

Die psychische Gesundheit vieler Menschen ist angeschlagen, nicht zuletzt durch die Corona-Krise. Studien haben gezeigt, dass dies besonders bei Kindern und Jugendlichen der Fall ist. Zu diesem Schluss kommt das Kompetenzzentrum Tox Info Suisse. Dessen Aufgabe ist es, Beratungen bei Vergiftungsnotfällen anzubieten und präventive Fragen zu beantworten. Dem Jahresbericht des Kompetenzzentrums ist zu entnehmen, dass zwischen 2016 und 2021 gesamtschweizerisch die Beratungen zu Suizidversuchen bei Kindern und Jugendlichen gestiegen sind. Besonders häufig passierten diese Versuche durch Vergiftungen, beispielsweise durch Medikamente.

Besonders ausgeprägt sind laut Tox Info Suisse die Fallzahlen der Suizidversuche verursacht durch Vergiftungen bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren. Bei den 13-Jährigen veränderte sich die Zahl von unter 10 Suizidversuchen im Jahr 2016 zu etwas mehr als 35 Fällen 2021, bei den 14-Jährigen von unter 10 zu etwas mehr als 60 Fällen. Bei den 15-Jährigen gab es im ersten Quartal 2021 rund 70 Fälle, 2016 waren es noch knapp mehr als 40 gewesen. Laut Tox Info Suisse ist das ein Anstieg um 70 Prozent. 

Bei den über 15-Jährigen ist der Anstieg nicht mehr so hoch, aber dennoch spürbar. Waren es bei den 16-Jährigen 2016 etwas mehr als 45 Fälle, belaufen sie sich 2021 auf knapp 50. Bei den 17-Jährigen verdoppelten sich die Fallzahlen (von 25 auf ca. 55 Fälle). Auch bei den 18-Jährigen ist ein Anstieg zu verzeichnen (von 30 auf circa 50 Fälle), jedoch fällt der Anstieg bei den 18- bis 22-Jährigen laut Tox Info Suisse niedriger aus. 

Fälle auf Kantonsebene 

Im Kanton Freiburg bleiben die Zahlen relativ konstant, und das über alle Altersgruppen, wie die Kantonspolizei auf Anfrage mitteilt. 2018 waren es insgesamt 73 Fälle, 2019 gab es 77, 2020 waren es 67, und 2021 gab es 72. Die Fallzahlen blieben relativ konstant. Im ersten Corona-Jahr sind die Zahlen sogar deutlich niedriger, und 2021 gab es nur einen minimalen Anstieg. 

agr

Ein Grossteil der Suizidversuche im Kanton Freiburg geschieht durch Vergiftungen, wobei am häufigsten Medikamente im Spiel sind. So sind im Jahr 2021 40 von den 70 Suizidversuchen durch eine Vergiftung mit Medikamenten passiert. Die Versuche, bei denen Medikamente verwendet wurden, haben sich 2021 (40 Fälle) gegenüber dem Vorjahr (39) jedoch kaum geändert. Zum Alter gibt es laut Kantonspolizei keine Angaben. 

agr

Bei den Kindern und Jugendlichen, insbesondere zwischen 15 und 19 Jahren, hat die Zahl von Suizidversuchen seit 2018 laut Kantonspolizei minimal zugenommen. 2019 lag die Zahl bei 9, im ersten Pandemiejahr stieg sie auf 11, und 2021 waren es 10 Fälle. Ausser bei den 10- bis 14-Jährigen ist ein Anstieg zu sehen, welcher absolut betrachtet jedoch geringfügig ist. 

agr

Schwierige Erfassung

Eine vollständige Erfassung der Suizidversuche in den Polizeistatistiken erweist sich allerdings als kompliziert. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) geht von einer hohen Dunkelziffer aus, wie es in seinem Bericht im Rahmen der bundesrätlichen Strategie «Gesundheit 2020» schrieb. Denn viele Suizidversuche werden nicht erkannt oder nicht gemeldet. 

Eine weitere Problematik liegt in der Definition. Das BAG definiert Suizidversuche als Handlung mit einem nicht tödlichen Ausgang, bei der ein Individuum ein Verhalten beginnt, das ohne Intervention selbstschädigend sein würde. Solche selbstschädigenden Handlungen finden laut BAG in einem psychischen Ausnahmezustand statt, also einer psychischen Not, und sind kein rationaler Entscheid. Der Begriff Suizidversuch ist breit gefasst, und oft werden Suizidversuche nicht als solche vermerkt. Laut BAG werden Suizidversuche nicht routinemässig erfasst. 

Eine merkliche Veränderung 

Christoph Salathé, Vorstandsmitglied des Vereins Suizid-Prävention Freiburg (Pré-Sui-Fri) und Chefarzt beim Freiburger Netzwerk für psychische Gesundheit (FNPG), spürt den Anstieg der Konsultationen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Er betont:

Eine erhöhte Nachfrage nach psychiatrischer Behandlung und Begleitung hatten wir auch bei jungen Erwachsenen.

Weder die kantonalen noch die internationalen Zahlen liessen jedoch eindeutige Schlüsse darüber zu, ob die Anzahl Suizidversuche gestiegen ist. «Die vollendeten Suizide haben in den meisten Ländern während dem Lockdown leicht abgenommen, der psychiatrische Behandlungsbedaf bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nahm jedoch in vielen Ländern zu», sagt er. 

Christoph Salathé ist Vorstandsmitglied des Vereins Suizid-Prävention Freiburg. 
Corinne Aeberhard/a

Die Pandemieauswirkungen 

Ein Zusammenhang des möglichen Anstiegs der Fallzahlen bei Suizidversuchen mit der Corona-Pandemie könne nicht abschliessend bejaht werden, sagt Salathé: «Dennoch scheint ein Zusammenhang wahrscheinlich.»

Jugendliche und junge Erwachsene hätten unter den Einschränkungen im Zusammenhang mit dem Lockdown besonders gelitten. In dieser Altersklasse sei der Kontakt mit Gleichaltrigen für die psychische Gesundheit und Entwicklung besonders wichtig, so Salathé.

Dieser Kontakt war aber durch den Lockdown deutlich reduziert, was viele vielleicht schon zuvor leicht instabile Jugendliche weiter destabilisiert hat.

Prävention 

Hier gibt es Hilfe

Wer selber unter seelischer Belastung leidet oder jemanden kennt, der Anzeichen für psychische Probleme zeigt, kann sich an verschiedene Organisationen wenden. Unterstützung bietet unter anderem die Dargebotene Hand unter der Telefonnummer 143. Für Kinder und Jugendliche ist unter der Nummer 147 die Beratungsstelle der Pro Juventute rund um die Uhr erreichbar. Im Kanton Freiburg besteht auch die Möglichkeit, sich an den psychiatrischen Notfall zu wenden – unter der Telefonnummer 026 305 77 77. 

Tox Info Suisse betreibt die Notrufnummer 145, die bei einer möglichen Vergiftung oder bei Symptomen einer Vergiftung kontaktiert werden kann. Ärzte und Ärztinnen sowie medizinische Fachpersonen geben rund um die Uhr Auskunft.

Onlinebeistand kann auf der Website Reden-kann-retten.ch oder auf Stopsuicide.ch eingeholt werden. Weitere Links und lokale Anlaufstellen gibt es auf den Websites der Initiative zur Prävention von Suizid in der Schweiz Ipsilon (www.ipsilon.ch) oder des Vereins Suizid-Prävention Freiburg (www.fr-preventionsuicide.ch/de). agr

Ausdruck psychischer Not 

Salathé sieht ganz klar einen Zusammenhang zwischen psychischen Problemen und Suizidversuchen: «Wenn die Suizidversuche wirklich zugenommen haben, dann deshalb, weil die psychischen Probleme zugenommen haben.» Er erklärt weiter: «Menschen, die einen Suizidversuch machen, sind grossmehrheitlich in einer psychischen Krise, in einer psychischen maximalen Notsituation.»

Zu so einer Situation trage eine Folge von Risikofaktoren wie Probleme im familiären Umfeld, Probleme bei der Arbeit oder frühere traumatische Erlebnisse bei. «Diese können einen Menschen so überlasten, dass er in eine psychische Erkrankung abgleitet, was die Not noch vergrössert und dann unerträglich macht.» Das Thema Suizid sei immer ein wichtiges Thema, betont Salathé:

Er wird leider häufig tabuisiert, dabei ist Suizid gerade bei Jugendlichen die häufigste Todesursache. 

Es sei viel besser, diese Menschen zu unterstützen und ihnen eine angemessene Behandlung zu ermöglichen: 

Wenn man also mehr über Suizid spricht und ermöglicht, Menschen in suizidalen Krisen rascher zu helfen und psychiatrisch adäquat zu behandeln, können viele Suizide verhindert werden.

Suizidversuchen vorbeugen 

Um Suizidversuchen vorzubeugen, gebe es in der Schweiz eine Fülle von Initiativen. Dabei wird versucht, auf verschiedenen Ebenen Prävention zu betreiben, wie Salathé sagt. Das passiere für die Gesamtbevölkerung in den Medien, für gezielte Gruppen in Institutionen wie Schulen, Pflege- und Wohnheimen, aber auch in der Landwirtschaft und in weiteren Bereichen. «Daneben geht es um einen verbesserten Zugang zu medizinisch-psychiatrischer Hilfe, aber auch zu anonymen Angeboten wie der Dargebotenen Hand

In verschiedenen Kantonen gebe es spezielle Sensibilisierungsprogramme für Kinder und Jugendliche. Im Kanton Freiburg führte der Verein Pré-Sui-Fri ein zweisprachiges Pilotprojekt in verschiedenen Schulen durch. «Dieser Pilotversuch war durchaus erfolgreich und wurde auch vom Kanton unterstützt», sagt Salathé. Weitere Diskussionen sollen zeigen, in welcher Form und in welchem Umfang solche Sensibilisierungen zukünftig in Schulen durchgeführt werden können. 

Konkrete Hilfe 

Wenn man jemanden mit Suizidgedanken kennt und sich fragt, was man tun kann, gibt es grundsätzlich zwei Regeln, sagt Salathé. Als Erstes gelte:

Getrauen Sie sich, das Thema anzusprechen.

Es gehe darum, dieser Person konkret die Frage zu stellen, ob er schon daran gedacht habe, Suizid zu begehen. «Menschen mit Suizidgedanken sind in der Regel erleichtert, wenn sie mit jemandem über diese Gedanken reden können.» Als Zweites sollte eine Person, die Suizidgedanken äussert, nicht damit alleine bleiben: «Auch wenn Ihnen diese Gedanken im Vertrauen mitgeteilt wurden, müssen Sie unbedingt weitere Menschen einbeziehen und damit nicht alleine bleiben.»

Menschen mit Suizidgedanken oder in anderen psychischen Notsituationen können sich an ihre Angehörigen, ihren Hausarzt oder Psychotherapeuten wenden, sagt Salathé. Im Kanton Freiburg bestehe etwa die Möglichkeit, sich an den kantonalen psychiatrischen Notfall zu wenden. «Dort können sie rund um die Uhr mit einer psychiatrischen Fachperson reden und bei Bedarf einen Termin für ein Gespräch am gleichen Tag oder am Folgetag vereinbaren.» Der psychiatrische Notfall befindet sich in Villars-sur-Glâne, in der Nähe des Kantonsspitals. 

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